Als Shackleton von seiner ersten Expedition zurückkehrte, war er sicher, dass entweder Scott oder Amundsen den Südpol erreichen würden, bevor er eine weitere Expedition durchführen könnte. Für ihn verblieb daher als letzte noch nicht vollbrachte Leistung die Durchquerung des antarktischen Kontinents.
Die Expedition begann am 1. August 1914, also drei Tage, bevor Grossbritannien Deutschland den Krieg erklärte. An diesem Tag startete Shackleton mit seiner «Endurance» von den Docks Londons Richtung Antarktis. An Bord befanden sich neben Shackleton 27 weitere Männer, darunter ein blinder Passagier, und 69 Schlittenhunde. Die Namen der weiteren Crew-Mitglieder lauteten: Wild, Worsley, Crean, Greenstreet, Hudson,Cheetham, Rickinson, Kerr, Macklin, McIlroy, Wordie, Hussie, James, Clark, Frank Hurley, Marsden, Orde-Lees, McNish, Green, How, Bakewell, McCarthy, McLeod, Vincent, Holness, Stevenson, Blackborrow (der blinde Passagier), Gooch.
Obwohl norwegische Walfänger auf aussergewöhnlich grosse Mengen von Packeis hinwiesen, liess Shackleton sich nicht beirren. Am 10. Januar 1915 erreichte das Schiff die Weddell Sea, wurde aber bereits am 19. Januar 1915 vom Packeis eingeschlossen. Rasch war den Männern klar, dass eine Befreiung aus dem Eis erst im antarktischen Frühling, also im September oder Oktober, möglich sein würde. Man richtete sich für einen langen, kalten Winter ein.
In kreisender Bewegung drückte in der Weddell Sea das Eis gegen die Felsenküste der antarktischen Halbinsel. Die eingeschlossene «Endurance» verdriftete mit dieser Eisbewegung von 77° bis 61° südlicher Breite und war dabei dem Druck des Eismeeres ausgesetzt:
«Die Wirkung des Druckes rundherum war furchterregend, mächtige Eisblöcke, festgehalten zwischen zusammenstossenden Eisfeldern, erhoben sich langsam, bis sie wie Kirschkerne emporschnellten, die man zwischen Daumen und Finger presst. Der Druck von Millionen Tonnen sich bewegenden Eises zermalmte und vernichtete alles unerbittlich».
schrieb Shackleton über die Monate, in denen die «Endurance» im Eis gefangen war. Am 27. Oktober 1915 schliesslich wurde das Schiff vom Eis zerdrückt.
Drei Tage später brach die Mannschaft auf und versuchte, über das Eis zu laufen und so vielleicht die Paulet Island zu erreichen. Die Rettungsboote wurden mitgenommen, ansonsten wurde auf schweres Gepäck verzichtet.
Bis zum 8. April 1916 richteten sich die Männer mehrfach Lager auf dem Eis ein, eine Flucht von der Eisscholle war nicht möglich. Als die Eisscholle merklich schmolz, wagte die Mannschaft den Versuch, mit den Rettungsbooten Elephant Island anzusteuern. Nach einer schwierigen Fahrt durch das Packeis erreichten sie die Küste dieser Insel am 15. April 1916. Da die Mannschaft hier nur durch einen sehr grossen Zufall zu finden gewesen wäre, beschloss Ernest Shackleton, gemeinsam mit fünf seiner Männer Hilfe vom 700 Seemeilen entfernten South Georgia zu holen.
Er nutzte dafür das Boot «James Caird» und brach am 24. April 1916 auf. South Georgia erreichte die Gruppe vor allem aufgrund der Leistung des Navigators Frank Worsley nach 15 Seetagen. Da ihr Boot auf der Südwestseite der Insel strandete, war die Mannschaft gezwungen, die Insel über das vergletscherte Gebirge zu durchqueren, um zu einer der bewohnten Walfangstationen an der nordöstlichen Küste zu gelangen. Dies gelang erst am 20. Mai 1916, als die Männer die Walfangstation Stromness erreichten. Shackleton charterte nacheinander mehrere Schiffe, doch erst der vierte Rettungsversuch mit dem chilenischen Schlepper «Yelcho» unter Kapitän Luis Pardo gelang. Am 30. August 1916 konnten die restlichen Mannschaftsmitglieder von Elephant Island gerettet werden – diese Strapazen überlebt starben manche von ihnen kurz darauf an den Fronten des Ersten Weltkrieges in Europa.
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